Geh' ma zum Ding und sach dem Ding, er soll sei Ding ...

Am 19. Januar besuchte uns, genauer gesagt die Q11-Deutschkurse, Herr Dr. Helmut Haberkamm, preisgekrönter Mundartforscher, Autor und Lehrer für Englisch und Deutsch am Spardorfer Emil-von-Behring-Gymnasium. Er brachte uns den Dialekt unserer Region, das Fränkische, auf amüsante, zum Teil aber auch sehr nachdenklich stimmende Weise näher.

Zu Beginn des Vortrags sammelte Herr Dr. Haberkamm mit seinen Zuhörern Dialektkennzeichen, die im Fränkischen von weich ausgesprochenen Konsonanten („der Beder“, „Goffer baggn“) über Füllwörter („fei“, „gell“) bis zu grammatikalischen Besonderheiten („dem Vadder sei Onggl sei Audo“, „dem Ding sei Ding“) reichen. Von ihm rezitierte Textbeispiele wie die humoristisch-erotische Computer-Lyrik mit fränkischem Einschlag („Gibb mia dai Softwea, i gebb dia mai Haadwea“), aber auch der beklemmende und sehr traurig stimmende Auszug aus den Original-Aufzeichnungen einer älteren Zeitzeugin, die in sehr eindrücklichem Fränkisch über noch jugendliche Wehrpflichtige des „letzten Aufgebots des Führers“ im Zweiten Weltkrieg sprach, die vor Todesangst zu ihren Familien flohen, dabei aber von hinten von den eigenen Leuten erschossen wurden, unterstrichen die Direktheit, Unmittelbarkeit und Volksnähe des fränkischen Dialekts.

Dass dieser aber auch zu amüsanten Missverständnissen führen kann, davon zeugt folgende Begebenheit, die Herr Dr. Haberkamm in seiner Jugend erlebt haben mag. Aber vielleicht hat er „a bloß ghört, dass aaner ghört hat, dass an annera ghört hat“: In einer fränkischen Dorfdisco mit wummernden Bässen und entsprechend schlechter Gesprächsakustik entwickelt sich ein Dialog an der Bar: „Ey, die Dorfdisgo hat echt Beb und Bower“ - „Ja, genau, in der Dorfdisco gibt’s bloß Deppen und Bauern“. Weitere amüsante Textbeispiele („Wenn die Woschd so digg wie´s Brod is, isses woschd, wie digg des Brod is“) und deren mal mehr und mal weniger notwendige Interpretationen rundeten den informativen und sehr kurzweiligen Vortrag ab.

Dass zahlreiche der bekanntesten heutigen Kabarettisten und Komödianten, wie Urban Priol, Erwin Pelzig oder Heissmann und Rassau, aus der fränkischen Gegend stammen und sich das am Akzent gerne auch anmerken lassen, bestätigt die in den letzten Jahren und Jahrzehnten gewachsenen Akzeptanz und Anerkennung unseres heimischen Dialekts, der nach wie vor eine sprachliche Bereicherung darstellt und den es zu bewahren gilt - auch durch interessante und anregende Vorträge wie den von Herrn Dr. Haberkamm. Vielen Dank dafür.

Dr. Helmut Haberkamm wurde 1961 im Dorf Dachsbach im mittelfränkischen Aischgrund geboren. Auf dem elterlichen Bauernhof wurde die Aischgrunder Mundart für den jungen Helmut nicht nur zur ersten, sondern auch, wie er selbst sagt, zur eigentlichen und eigentümlichen Sprache. Nach der Gymnasialzeit in Neustadt/Aisch und dem Zivildienst in Windsbach erfolgte ein Studium der Anglistik, Amerikanistik und Germanistik in Erlangen und Swansea/Wales. 1991 rundete Haberkamm seine akademische Karriere ab mit einer Doktorarbeit über Gegenwartsdichtung in Großbritannien. Zurück in Deutschland sorgte er ein Jahr später mit seinem Erstlingswerk, dem Gedichtband-Bestseller „Frankn liegt nedd am Meer“ für Aufsehen und etablierte sich als einer der populärsten und vielseitigsten fränkischen Schriftsteller, der auch gerne englischsprachige Liedertexte ins Fränkische übersetzt („Fodd ieberm großn Wasser“) oder selbst Theaterstücke in fränkischer Mundart („No woman, no cry / Ka Weiber, ka Gschrei“) schreibt.

P. Salinger

Geh' ma zum Ding und sach dem Ding, er soll sei Ding ...

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